Das Judentum ist die älteste der drei abrahamitischen und monotheistischen Religionen. Sie versteht sich als Gemeinschaft der Nachkommen der biblischen Patriarchen Abraham, Isaak und Jakob. Somit bezeichnet sie nicht nur eine bestimmte Religion, sondern zugleich ein Volk, das sich zu seiner Gründungszeit vor rund 3500 Jahren als auserwählt erachtet.
Wesentlich ist der Bund Gottes mit Moses, der die göttlichen Gesetze mit den grundlegenden Lehren des Judentums erhielt. Sie sind in der Tora (Fünf Bücher Mose) festgehalten.
Die Geschichte dieser Religion ist eng mit dem «Gelobten Land» Israel verbunden, aus dem sie vertrieben wurden. Durch den heutigen Staat Israel haben die weltweit verbreiteten rund 15 Millionen Jüdinnen und Juden wieder eine religiöse und politische Heimat gefunden.
Das Judentum entwickelte sich vor mehr als 3500 Jahren in Kanaan, als Gott einen Bund mit dem jüdischen Volk schloss. Es begann mit dem Versprechen Abraham zum Stammvater eines grossen Volkes zu machen. Als Zeichen des Bundes sollte Abraham mit seinem Volk das Land verlassen, die Beschneidung an männlichen Nachkommen vornehmen und sich an seine Weisungen halten, Gott würde sie dafür führen und beschützen. Die hebräische Bibel, der Tanach, erzählt von der Versklavung des Sohnes Abraham, Jakob und seinen Nachfahren in Ägypten. Gott führte das Volk mit Mose als Anführer aus Ägypten wieder heraus und übermittelte Mose auf dem Berg Sinai die 5 Bücher Mose (Tora). Dann führte er das Volk nach Israel, dem «gelobten Land». David wurde zum König ernannt und sein Sohn Salomon baute in Jerusalem einen Tempel, der den Herrschaftsanspruch der Jüdinnen und Juden über ihr Land darstellen sollte. Zweimal wurde der Tempel zerstört ( 6. Jh. v.d.Z. und 1. Jh. n.d.Z.) und das Volk aus Israel vertrieben.
Zentral im jüdischen Bewusstsein ist die Verbindung zu dem einzigen Gott, von dem sich das Jüdische Volk als auserwählt erachtet. Die Glaubenspraxis im Judentum ist eine Einheit von Geboten des Tuns, des Nichttuns und der täglichen rituellen Handlungen. All diese Gesetze werden in ihrer Gesamtheit Halacha genannt, was «der Weg, den man beschreitet» bedeutet und womit das Streben nach «Heiligkeit» im Mittelpunkt steht. Es gibt keinen Bereich des Lebens, der nicht von Halacha eingeschlossen würde. Basis der Halacha ist der Tanach (christl. Altes Testament), in der 613 religiöse Pflichten (Mitzwot) aufgeführt werden. Die Auslegung und Anwendung der biblischen Gesetze ist im Talmud nachzulesen. Die Halacha beschäftigt sich mit der richtigen Anwendung der Gebote in allen Situationen jüdischen Lebens. Sie sind ihrem Wesen nach unveränderlich. Es gibt jedoch auch Mitzwot rabbinischen Ursprungs, die unter Umständen und gewissen Bedingungen durch autoritative, dazu befugte Gelehrte modifiziert werden. Traditionsbewusste Jüdinnen und Juden halten sich an die Gebote auch ohne ihren Sinn zu verstehen. Ihr Grundsatz: Gott kennt die Gründe, der Mensch hält sich daran.
Die Tora (Wegweisung) ist die am Berg Sinai gesamte göttliche Offenbarung der 5 Bücher Mose. Die daraus entstandene Jüdische Bibel wird als Tanach bezeichnet und gilt im Christentum als Altes Testament. Die massgebendste Schriftensammlung ist der Talmud, der im 5. Jahrhundert entstanden ist, alle gesammelten Niederschriften umfasst und diese interpretiert. Jede Seite im Talmud ist so gestaltet, dass sie die Diskussion von Gesetzen und Auslegungen widerspiegelt: Alle Gesetze der Mischna (Sammlung aller Gesetze) sind mittig platziert und werden umrahmt von den dazu gehörigen Interpretationsbeiträgen.
Jüdinnen und Juden beten mehrmals täglich. Männer nach Sonnenaufgang, am Nachmittag und nach Sonnenuntergang. Vorher unterziehen sie sich einer Waschung bei der sie die Hände mit Wasser übergiessen. Gebetet wird in der Synagoge oder auch zu Hause. Frauen sind für ihre Gebete nicht an eine bestimmte Zeit gebunden. Ebenso sprechen Jüdinnen und Juden Danksagungen und Segenssprüche vor und nach dem Essen und in vielen anderen Lebenssituationen. Die Gebete sind in Hebräisch. Jüdische Männer tragen für das Morgengebet den Gebetsmantel und legen die Gebetsriemen (Tefillin) an. Diese bestehen aus Lederriemen und Lederbehältern, welche biblische Verse enthalten. Sie werden an die linke Hand und die Stirn gebunden und dienen als Erinnerung an das Göttliche.
Eines der wichtigsten Gebote besteht in der Einhaltung des Schabbat. Der Schabbat beginnt mit dem Sonnenuntergang am Freitagabend und endet Samstagabend. Für Jüdinnen und Juden aber ist nicht nur jede produktive Arbeit am siebten Tag verboten, sondern der Schabbatgedanke verlangt die Loslösung vom materiellen Streben und die Hinwendung zu geistigen Problemen. Der festlich gestaltete Schabbat stellt einen Höhepunkt im häuslichen jüdischen Familienleben dar. Eingeläutet wird der Schabbat mit dem Entzünden der Kerzen und einem Gebet.
Eine Synagoge ist ein jüdisches Versammlungs- und Gotteshaus für Gebet, Schriftstudium und Unterweisung. Mit zehn, traditionell männlichen, Betern, dem Minjan, kann sich eine Gemeinde konstituieren und der Gottesdienst stattfinden. Die Synagoge ist unterteilt in den Gebetsraum und kleinere Räumen zum Studium. Sie ist jedes Gebäude und jeder Raum, der zum Beten bestimmt ist und damit heilig. Als Minimalausstattung enthält sie einen Toraschrank, ein Ewiges Licht und einen Tisch, auf dem die Tora gelesen wird. Für die männlichen Gottesdienstbesucher stehen Bänke und je ein Pult, in dem das Gebetbuch aufbewahrt wird. Eine Empore dient als Frauenabteilung. In den Synagogen werden die täglichen Gottesdienste und Gebete gehalten. Der bedeutsamste Gottesdienst findet am Samstagmorgen statt und besteht in der Rezitation des neuen Wochenabschnittes der Tora. Zu diesem Anlass wird die wertvolle Torarolle aus dem Toraschrein genommen und feierlich zum Lesepult getragen. Dort wird sie vom Vorleser, dem Kantor und dem Rabbiner in Empfang genommen. Die Tora wird vom Vorbeter und/oder dem Kantor vorgetragen bzw. in einem vorgegebenen Singsang rezitiert. Jedes Mitglied der Gemeinde kann nun aufgerufen werden und den vorgeschriebenen Lobspruch vor und nach der Lesung rezitieren. Den Kerntext liest jedoch der Vorbeter/Kantor selbst, wobei er für alle sichtbar mit einem Zeigestab, der Jad (hebr. Hand) die entsprechenden Zeilen in der Torarolle entlangfährt. Die Anwesenden folgen dem Vortrag in ihren gedruckten Bibeln. Nach dem Ende der Lesung wird die Rolle wieder feierlich verstaut.
Die Menora, der siebanarmige Leuchter ist das älteste Symbol des Judentum. Es steht für die Erschaffung der Welt in sieben Tagen. Der Chanukka-Leuchter hingegen hat acht Arme hat und wird zum achttägigen Lichterfest Chanukka im Dezember angezündet. Der Leuchter wird ins Fenster gestellt, so dass er von der Strasse aus sichtbar ist. Im 18. Jahrhundert wurde der Davidstern, eines der bekanntesten Symbole für das Judentum, eingeführt. Er besteht aus zwei ineinander verflochtenen Dreiecken, die die Verbindung von Gott und den Menschen symbolisieren sollen. Darüber hinaus zeichnet sich das Judentum sichtbar über verschiedene Bekleidungsstücke aus. So zum Beispiel für die Männer die Kopfbedeckung (Kippa), welche die Ehrfurcht vor Gott ausdrückt. Die ledernen Gebetsriemen (Tfillin) oder der Gebetsschal (Tallit) werden zum Gebet getragen. Orthodoxe Juden tragen diese grundsätzlich unter ihrer Kleidung.
Die Mikwe ist ein rituelles Tauchbad, das der Wiedererlangung der religionsgesetzlich vorgeschriebenen rituellen Reinheit dient. Wenn möglich, gehört eine Mikwe zu jeder Synagoge. In einer Gemeinde, in der es keine Mikwe gibt, kann kein wahres jüdisches Familienleben geführt werden. Auch diejenigen, die zum Judentum übertreten möchten, müssen als letzten Schritt in einer Mikwe untertauchen. Als rituell unrein gilt nach jüdischer Tradition zum Beispiel Menstruationsblut oder das Berühren von Toten. Jede Frau muss nach der Menstruation sieben volle reine Tage abwarten und dann am Abend die Mikwe aufsuchen. Viele Männer besuchen vor hohen Feiertagen und am Freitagnachmittag vor dem Schabbat die Mikwe. Ist keine Mikwe vorhanden, kann die Pflicht zum Untertauchen auch im Meer, See, Fluss oder Bach erfüllt werden. Die Mikwe umfasst mehrere Bereiche. Im ersten entledigt sich die Frau aller Kleider. Im zweiten wäscht sie sich gründlich von Kopf bis Fuss, bis keinerlei Spuren von Kosmetika mehr vorhanden sind. Erst dann steigt sie in die Mikwe.
Jüdische Menschen verstehen das Sterben als Übergang vom Lebens des diesseits ins Jenseits. Sie glauben an die Auferstehung nach dem Tod und an die Unsterblichkeit der Seele. Mit Sterbenden wird gegebenenfalls gebetet und das Sündenbekenntnis gesprochen. Bei Eintritt des Todes wird sofort die zuständige Gemeinde und die Chewra Kaddischa informiert. Die Aufgabe der Chewra Kaddischa ist es, «sich mit den Toten zu befassen». Sie sorgt für die Überführung zum Friedhof und die Waschung und ist für die Beerdigung zuständig. Es gibt eine Männerchewra und eine Frauenchewra. Nur die Erdbestattung ist erlaubt, die Kremation ist verboten. Es gilt die immerwährende Grabesruhe. Zu einer jüdischen Gemeinde gehört, wenn immer möglich, ein eigener Friedhof. So hatten auch die ersten jüdischen Gemeinden von Basel ihre Friedhöfe.
Im Judentum haben sich verschiedene Ausprägungen entwickelt, die sich in drei grosse Hauptströmungen unterteilen lassen: Das orthodoxe bis ultratorthodexe Judentum, das modern orthodoxe Judentum und das Reformjudentum, das auch als progressives oder liberales Judentum bezeichnet wird. Die Grenzen zwischen diesen und vielen weiteren Zweigen sind oftmals fliessend, ebenso variieren die Bezeichnungen, so werden «modern orthodoxe» Gemeinschaften oft «neu orthodoxe», «konservative» oder auch nur «orthodoxe» genannt.
Das orthodoxe oder auch ultraorthodoxe Judentum ist keine einheitliche Bewegung. Allen AnhängerInnen gemeinsam ist jedoch der Glaube an Gottes Offenbarung (Tora), die sich in den 613 halachischen Pflichten äussert. Entsprechend leben Jüdinnen und Juden ihren Alltag gewissenhaft gemäss der Halacha, die alle Aspekte des Lebens reguliert. Oftmals leben sie zurückgezogen innerhalb ihrer jüdischen Gemeinschaft. Seit dem Mittelalter ist das orthodoxe Judentum in Mittel -und Osteuropa stark verbreitet. Im 18. Jahrhundert entstand, vor allem in ländlichen Gegenden Osteuropas, der Chassidismus, der die asketische Lebensführung mit einer mystischen Dimension verknüpfte und zu einem Hauptzweig des orthodoxen Judentums wurde. Dieser entwickelte sich, auch geografisch, in unterschiedliche Richtungen weiter. Chassidische Gemeinschaften sind heute vor allem in den USA und Europa stark verbreitet. Zu den bekanntesten Gruppierungen gehören die Lubawitscher. Etwa 10% der Jüdinnen und Juden leben heute orthodox.
Das modern orthodoxe Judentum entstand im 19. Jahrhundert in Deutschland und vereint all jene Gläubigen, die zwar an den Überlieferungen der Tora festhalten, diese jedoch weniger strikt in ihrem Alltag umsetzen. Die Frömmigkeitsausprägungen und die damit verbundene religiöse Praxis variieren hier stark. Kennzeichnend für diesen Zweig, ist, dass modern orthodoxe Jüdinnen und Juden der säkularen Welt gegenüber grundsätzlich aufgeschlossen sind und auch an ihr teilnehmen. Die meisten modern orthdoxen Jüdinnen und Juden sind Mitglied einer «Einheitsgemeinde». Einheitsgemeinden entstanden im deutschsprachigen Raum aufgrund eines Gesetzes von 1847, wonach Jüdinnen und Juden die Konstituierung einer einzigen Gemeinde pro Ort zustand. Dies äusserte sich auch bauwerklich in einem meist prächtigen, als Synagoge erkennbaren, Gebäude. Die Mehrheit der Jüdinnen und Juden im deutschsprachigen Raum gehören bis heute den Einheitsgemeinden an.
Das Reformjudentum entstand Mitte des 19. Jahrhunderts in Deutschland und entwickelte sich vor allem in den USA weiter. Reformjüdinnen und Juden begreifen die Tora als von Gott inspiriert, jedoch von Menschen geschrieben. Entsprechend sind sie davon überzeugt, dass Gebote stets weiterentwickelt und neu interpretiert werden sollten. Sie sind von der Frage geleitet, wie religiöse Bräuche der modernen Lebensweise und Haltung angepasst werden können. So wird auf viele traditionelle Gebote, wie die Speisegesetze, verzichtet und dafür Neuerungen eingeführt, so zb. die Ordinierung von Rabbinerinnen. Progressive Reformgemeinden sind weltweit verbreitet und rund 5 % der Jüdinnen und Juden gehören ihnen an.
Basel blickt auf eine lange jüdische Geschichte. Im 12. Jahrhundert gründete sich bereits die erste Synagoge am Rindermarkt, der heutigen Unteren Rebgasse. 1349 wurde die jüdische Bevölkerung Basels als Folge der Beschuldigungen, während der Pestzeit die Brunnen vergiftet zu haben, in einem Holzhäuschen auf einer
Birsinsel verbrannt. 1362 entsteht die zweite jüdische Gemeinde mit einer Synagoge am Grünpfahlgässlein 1, die sich jedoch 1397 wieder auflöst, weil Jüdinnen und Juden aus Angst vor Verfolgung fliehen. In den folgenden Jahrhunderten gab es nur vereinzelt jüdische BewohnerInnen und kein offen praktiziertes jüdischen Leben im Raum Basel. Schliesslich hat die französische Revolution auch in Basel eine liberalere Niederlassungspraxis bewirkt, so dass sich wieder vermehrt Jüdinnen und Juden in ansiedelten. Die Gottesdienste fanden daraufhin in einer Privatwohnung statt.
1805 wurde die «Israelitische Gemeinde (IGB)» gegründet und 1868 eingeweiht. 1897 fand in Basel der 1. Zionistenkongress statt und 1903 wurde der jüdische Friedhof gegründet.
Ein Teil der ultraorthodoxen Jüdinnen und Juden spaltet sich von der IGB ab und gründeten 1927 die zweiten jüdische Gemeinde, die «Religionsgesellschaft Basel (IRG), die 1929 eingeweiht wurde. 1973 erhält die IGB als erste jüdische Gemeinde in der Schweiz nach einer Volksabstimmung die Anerkennung als öffentlich-rechtliche Körperschaft. 1999 wird «Ofek - Horizont», die Reformbewegung innerhalb der IGB gegründet. 2004 gründet sich die liberale Gemeinde «Migwan - Forum für progressives Judentum», die unter der Leitung einer Rabbinerin 2012 geweiht wird. 2012 gründet sich eine weitere orthodoxe Gemeinschaft, die der weltweit verbreiteten Bewegung «Chabad Lubawitsch» angehört.
Aktuell
Im Jahr 2021 gibt es in Basel-Stadt 4 jüdische Gemeinschaften.